Gedanken zu Abendmahl und Taufe in der Konfirmandenarbeit

von Ernst Schmidt

Früher war es üblich, dass die Konfirmandinnen und Konfirmanden durch die Konfirmation die Erlaubnis bekamen, am Abendmahl teilzunehmen. In meiner Heimatgemeinde wurde zum Beispiel die Konfirmation immer am Sonntag vor Himmelfahrt gefeiert und dann am Himmelfahrtstag zum Abendmahl eingeladen. Diese Tradition löst sich zunehmend auf. Zu Recht. Denn oft war es so, dass dieses Abendmahl für die Konfirmierten das einzige Abendmahl in ihrem Leben blieb, weil die Familie sie nicht weiter an das Abendmahl heranführte.

Es spricht viel dafür, sich mit den Konfirmanden im Unterricht auch in Bezug auf das Abendmahl auf einen gemeinsamen Weg zu begeben. Viele Presbyterien haben diesen Weg eröffnet. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden werden im Unterricht nicht nur „theoretisch“ auf das Abendmahl hin vorbereitet. Stattdessen wird ihnen die Möglichkeit gegeben, durch den Vollzug in die Feier des Abendmahls hineinzuwachsen. Nach geeigneter Vorbereitung im Konfirmandenunterricht feiern die Konfirmandinnen und Konfirmanden miteinander Abendmahl im gemeindlichen Gottesdienst. Oft gestalten die Konfirmanden diesen Gottesdienst mit. Danach besteht die Möglichkeit, im Unterricht über das „Erlebte“ und „Erfahrene“ zu sprechen. So wird ihnen die Feier des Abendmahls zunehmend vertraut. Während die Konfirmanden beim ersten Abendmahl unsicher sind, manchmal auch kichern, ändert sich das aber schon deutlich beim zweiten Mal. In unserer Gemeinde feiern wir monatlich Abendmahlsgottesdienste. Hinzu kommen Abendmahlsfeiern auf Freizeiten. Durch die Teilnahme wird den Konfirmanden das Abendmahl zunehmend vertraut. Wenn am Vorabend der Konfirmation noch einmal ein Abendmahlsgottesdienst gefeiert wird, bin ich oft überrascht, wie viele Konfirmandinnen und Konfirmanden an diesem Gottesdienst teilnehmen und wie mit freudiger Ernsthaftigkeit (ja, das gibt es!) dann vorne im Kreis das Abendmahl gefeiert wird.

Eine Grundfrage, die bei der Feier von Abendmahlen während der Konfirmandenzeit geklärt werden muss, ist die Frage des Getauftseins. Nach biblischem Verständnis lädt Jesus selbst bedingungslos zum Abendmahl ein: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen.“ Johannes 6, 37. Die Einladung Jesu gilt. In der Praxis ist aber auch ökumenischer Konsens, dass sich das Abendmahl nur an alle Getauften richtet. So zum Beispiel in der Kirchenordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland: „Grundlegende Voraussetzung für die Teilnahme am Abendmahl ist die Taufe (KO Art. 74 Abs. 1).“ In der Praxishilfe „Verantwortlich zum Abendmahl einladen“ der EKiR 2007 S.4 heißt es hierzu: „Nun wird als Voraussetzung der Einladung des Herrn an seinen Tisch zu folgen, einerseits das Getauftsein, andererseits der Glaube, der das Evangelium versteht und ihm vertraut und sich im Bekenntnis äußert, angegeben. Dies ist kein Widerspruch. Denn wenn unsere Kirchenordnung die Taufe als Voraussetzung der Teilnahme am Abendmahl angibt, ist damit der Glaube, der zugleich Voraussetzung und Folge der Taufe ist, impliziert (vgl. Mk 16,16).“

Am Konfirmandenunterricht nehmen auch Heranwachsende teil, die noch nicht getauft sind. Hier entsteht in Bezug auf die Feier des Abendmahls während der Konfirmandenzeit ein Dilemma. Mit dem Konfirmandenunterricht begleitet die Kirchengemeinde junge Menschen auf ihrem Taufweg. Sie erlaubt, der Kirchenordnung folgend, denen, die als Babys getauft wurden, auf diesem Taufweg, am Abendmahl teilzunehmen und verwehrt denen das Abendmahl, die in der Konfirmandenzeit oder am Ende der Konfirmandenzeit getauft werden, sich aber auch auf ihrem Taufweg bewegen. Das finde ich problematisch.

Ich möchte mehrere Möglichkeiten anreißen, wie man mit Taufe und Abendmahl im Konfirmandenunterricht umgehen könnte, und sie nach ihrer Brauchbarkeit befragen:

1. Man könnte, um der Kirchenordnung genüge zu tun, die noch nicht getauften Konfirmanden am Anfang der Unterrichtszeit taufen.

Bekommt hier nicht die Taufe eine theologisch fragwürdige Um-Zu Position? Ich lasse mich taufen, um am Abendmahl teilzunehmen. Welchen Sinn hat der Konfirmandenunterricht, wenn ein 12-jähriger ohne Taufvorbereitung am Anfang der Unterrichtszeit getauft wird?

2. Man könnte die noch nicht getauften Konfirmanden vom Abendmahl ausschließen.

Ich halte dies für  einen unbefriedigenden Weg, weil er die Konfirmandengruppe in Menschen teilt, die am Abendmahl teilnehmen dürfen und die, die noch nicht daran teilnehmen dürfen.

3. In Konfirmandengruppen mit Getauften und Ungetauften verzichtet man auf das Abendmahl und feiert stattdessen miteinander ein Agapemahl.

Gut daran ist, dass damit das Abendmahl nicht nur „theoretisch“ behandelt werden müsste. Der Aspekt des Miteinander Teilens, der Gemeinschaftsaspekt und das Füreinander da sein könnte durchaus im Agapemahl wahrgenommen und thematisiert werden. Dennoch: ein Agapemahl ist kein Abendmahl.

4. In der Mitte Konfirmandenzeit werden im ersten Abendmahlsgottesdienst die noch nicht Getauften getauft.

Ich halte das in meinen Konfirmandengruppen oft so, und habe gute Erfahrungen damit gemacht. Zu diesem Zeitpunkt haben sich die Heranwachsenden im Unterricht mit ihrer Taufe beschäftigt und sind sich über ihren Taufwunsch klarer geworden. Trotzdem ist diese Lösung nur eine Scheinlösung, denn welche Funktion bleibt dann der Konfirmation als „confirmatio“, wenn ein Mensch ein knappes Jahr vor der Konfirmation getauft wurde.

 

Theologisch und kirchenrechtlich eindeutig ist, dass vor der Teilnahme am Abendmahl die Taufe steht. „Die Taufe markiert Gottes unwiderrufliche Entscheidung, also den Anfang des Weges, auf dem Menschen Christus nachfolgen, und ist darum unwiederholbar. Das Mahl markiert Gottes kontinuierliche Zuwendung auf dem durch unsere Brechungen gekennzeichneten Weg unserer Nachfolge und ist darum so etwas wie eine Wegzehrung, deren wir immer bedürfen.“ (Praxishilfe „Verantwortlich zum Abendmahl eingeladen S. 5).

In der Gemeindepraxis wird man sich jedoch der Frage stellen müssen, ob es nicht sein kann, dass auch ein ungetaufter Mensch von dem Ruf Jesu Christi so berührt und bewegt ist, dass er sich zum Abendmahl eingeladen weiß und diese Einladung annimmt. Sollte man ihm dann die Teilnahme am Abendmahl verwehren, wo er sich doch durch die Teilnahme am Konfirmandenunterricht schon auf einem Taufweg befindet, und damit seinen Willen zeigt, sich in absehbarer Zeit taufen zu lassen?